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- CHRONIK EINES AUSNAHMEZUSTANDS

Residenz-Autor*innen bloggen – Tag für Tag neu. #alleswirdgut

    14. April 2020

    Erika Pluhar, Wien


    Brief an einen Freund

    Lieber K. -

    ich weiß, dass ich doch aus einer recht privilegierten Position heraus eure Einwände gegen die derzeitigen Beschränkungen unserer Lebensumstände beurteile. Aber ich kann mich den Beiträgen der von Dir zitierten Zeitgeist-Philosophen und auch Deiner Meinung nicht wirklich anschließen. Diesem Widerstand - und sei er auch intellektueller Natur und geistreich formuliert - gegen angeblich übertriebene Corona-Vorsichtsmaßnahmen und den daraus resultierenden, bedrohlichen wirtschaftlichen Einbruch.
    Wir Bürger unserer westlichen Zivilisation - lass es mich so nennen - haben uns in den Jahren davor um Leiden, Verrecken, Sterben, Ersaufen, Krepieren (nicht allzu weit entfernt von uns tägliche Realität) letztendlich keinen Deut geschert. Ein trübes “Oje”, ein bisschen Diskussion, viel mit Scheinverständnis bemäntelte Xenophobie, törichte Talks um den Begriff ‘Empathie’, bis man’s nicht mehr hören konnte, ein Verächtlichmachen anfänglicher Versuche zur Menschlichkeit (“wir schaffen das”) - und mehr und mehr Funkstille. Also Schulterzucken und “was soll unsereiner denn machen...” - die EU soll - die Völkergemeinschaft soll - aber uns, mich, soll man damit möglichst in Ruhe lassen...
    Jetzt hat es uns erwischt.
    In die Blase einer großteils verirrten, ver-rückten Wohlstandsgesellschaft (oh ja!) wurde hineingestochen - und sie ist zerplatzt.
    Natürlich - wie stets und bei allem - trifft es auch bei uns die Ungeschütztesten und Ärmsten. Jedoch fühlt sich auch der sogenannte Normalbürger plötzlich in einem Ausmaß mit Einschränkungen und Begrenzungen seiner Lebensansprüche konfrontiert, wie er es nie für möglich hielt. Er hechelt nach seiner “Normalität”. Dabei war so vieles, was unsere “Normalität” ausgezeichnet hat, nicht mehr normal. Mir persönlich fiel das in den letzten Jahren immer bestürzender auf die Seele und in den Verstand, und ich verweigere, das als Irrtum zu bezeichnen.
    Was wir an unserem Mensch-Sein, an der Natur, dem Planeten Erde, was wir auf dieser Welt an ihr, der Welt, verbrochen haben, ist unbestritten. Ich sehe also in dieser Virus-Katastrophe auch eine Belehrung. Eine Zurechtweisung. Zumindest eine Mahnung.
    Es wird so nicht angenommen werden, das ist klar. Die Unbelehrbarkeit wird wieder siegen. Jedoch in diesen Tagen, in dieser Stille und Vereinzelung, in die wir- wenn wir es zulassen - geworfen sind, läge ein großes Potential zur Veränderung.
    Zur Bewusstwerdung eines SINNES.
    Dass unser Leben Sinn haben möge.
    Ich lese gerade wieder “Briefe an Olga” unseres Freundes Václav Havel, die er in Gefängnis und Straflager geschrieben hat. Das ist eine Lektüre, die ich allen empfehlen würde.
    Trotzdem hoffe ich, Lieber, dass Du halbwegs gut über die Runden kommst und gesund bleibst – das, was wir uns eben alle zur Zeit wünschen - - -

    Eine erlaubte Umarmung per Mail –

    Erika

    Alle Autor*innen

    21. März 2020

    Erika Pluhar, Wien

     

    Es ist diese Stille. Dieser Rückzug aller Menschen ins Häusliche. Das Abwarten. Die Bemühung, sein täglich Brot in möglichst gewohnter Menge zu verdienen. All das.
    Es ist die Stimmung meiner frühesten Kindheit. Die meines ersten Wahrnehmens von Leben, als ich auf der Welt war. In unserer Döblinger Wohnung, während der Zweite Weltkrieg die gesamte Welt schon erfasst hatte, da empfand ich, das Kleinkind, unser Leben genau so. Und ich empfand es so, ehe die Bomben kamen. Ehe Wien bombardiert wurde.
    Jetzt sitze ich vor dem Arbeitstisch an meinem Laptop, schaue hinaus ins durchsonnte Ahorngeäst, und muss nahezu achtzig Jahre später einer alten Frau, die ich ja bin, mit leisem Lächeln, aber doch, klarmachen, dass keine Bomben fallen werden. Dass die Gefährdung jetzt in anderer Weise auf uns Erdenbewohner lauert.
    Die scheinbare Sicherheit unserer mediengesteuerten, mittlerweile in den Wahnsinn hinein digitalisierten Welt ist zerbrochen. Unsere ver-rückte Zivilisation muss verstummen, ist gelähmt, muss sich - ob sie will oder nicht – mit der Vernunft konfrontieren. Leider ist die Spezies Mensch zum größten Teil mit Unbelehrbarkeit und Unvernunft ausgestattet. Wäre mir das nach einem so langen Leben nicht mit betrüblicher Gewissheit bewusst geworden, könnte ich ja – egal, wie lange sie währt – an diese Krisensituation die Hoffnung knüpfen, sie wäre eine Zurechtweisung und Belehrung, die vom Menschen verstanden, begriffen, beherzigt wird.
    Jetzt sind es nicht mehr die angeblich das Land überschwemmende Horden von Flüchtlingen, die Ängste auslösen, die man schüren kann – wie es denen ergeht, ist jetzt allseits und allen, der Bevölkerung, den Politikern - völlig gleichgültig geworden. Jetzt herrschen Ängste, die nicht fälschlich geschürt werden müssen, sondern existenziell vorhanden sind. Einer Bedrohung gelten, die existiert.
    Wie es im Krieg war. Als die Bomben vom Himmel fielen.
    Jetzt blühen in meinem Garten die Veilchen – singen die Amseln – herrscht ein wunderbarer früher Frühling. Sind die Parkanlagen gesperrt, die Straßen leer, nur wenige Menschen, und mit großem Abstand zueinander, unterwegs. Jetzt ist es das Unsichtbare, Unhörbare, aber nicht zu verleugnende Vorhandene, das uns bedroht.
    Es ist diese Stille.
    Sie hat für eine Weile gesiegt.   

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    Bücher von Erika Pluhar

    Coverabbildung von 'Paar Weise'

    Erika Pluhar - Paar Weise

    Geschichte und Betrachtungen zur Zweisamkeit

    Das Paar als Denkmal, das Paar als Ruine, das Paar als Arena, das Paar als Falle, das Paar als Abgrund, das Paar als Traum. Und dazu allerlei unerhörte Paare, verkuppelt vom Zufall, von der Sehnsucht oder vom hinterlistigen Leben: Da bildet ein kleines Mädchen mit seinem erfundenen Vater ein prachtvolles Lügner-Team; eine junge Frau verbündet sich mit ihrem ungeborenen Kind gegen dessen Erzeuger, den einzig seine künstlerische Arbeit beschäftigt; durch die Trennscheibe in einem Gefängnis-Sprechraum blühen zwischen Häftling und Besucherin grelle Erinnerungen auf… Mit diesen und anderen Begegnungen spürt Erika Pluhar dem rätselhaften dritten Wesen ‚Paar’ nach, das Gelegenheitsbekannte ebenso wie Liebende unweigerlich hervorbringen und das rasch machtvoll auf die beiden Individuen zurückwirkt. In Erzählungen und Gedichten führt sie uns die Verwandlung vor Augen, die Menschen widerfährt, wo immer einer sich am nächsten zu stärken sucht oder sich im anderen verliert - wenn einen das gepaarte Leben heimsucht, streift oder ergreift.

    Coverabbildung von 'Spätes Tagebuch'

    Erika Pluhar - Spätes Tagebuch

    Paulina Neblo kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken. Als Choreographin gründete sie eine erfolgreiche Tanz-Company, hatte zahlreiche Affären, eine Tochter, die sie über alles liebt, und endlich, als bereits reife Frau, eine erfüllte Ehe. Doch als ihr Mann bei einem Autounfall ums Leben kommt und sie kurz darauf ein noch härterer Schicksalsschlag – der Tod ihrer Tochter – trifft, zieht Paulina sich aus dem aktiven Leben zurück. Im Alter von 70 Jahren beschließt sie Chronistin ihrer Gegenwart zu werden, Alltäglichkeiten zu notieren und sich der Zukunftslosigkeit des Alters zu stellen. Doch die Gedanken an die Vergangenheit lassen sich nicht verdrängen und auch Paulinas Außenwelt akzeptiert diese selbst gewählte Einsamkeit nicht … Erika Pluhar schreibt auf ebenso sensible wie schonungslose Weise über das Alter, Sehnsüchte und Ängste. Poetisch, lebensnah und intensiv.

    Coverabbildung von 'Spätes Tagebuch'

    Erika Pluhar - Spätes Tagebuch

    Gelesen von Erika Pluhar

    Im Alter von 70 Jahren beschließt Paulina Neblo zur Chronistin ihrer Gegenwart zu werden, Alltäglichkeiten zu notieren und sich der vermeintlichen Zukunftslosigkeit des Alters zu stellen. Doch die Gedanken an die Vergangenheit lassen sich nicht verdrängen und auch Paulinas Außenwelt akzeptiert diesen Rückzug nicht … Erika Pluhar schreibt auf ebenso sensible wie schonungslose Weise über das Alter, Sehnsüchte und Ängste. Poetisch, lebensnah und intensiv. Nach dem großen Erfolg des Romans erscheint nun das Hörbuch. Gelesen von der Autorin selbst. Mit dem unverwechselbaren Timbre ihrer Stimme zieht sie jeden Zuhörer in den Bann!

    Coverabbildung von 'Mehr denn je CD und DVD'

    Erika Pluhar (Gesang) Klaus Trabitsch (Musik) - Mehr denn je CD und DVD

    Erika Pluhar: Gesang, Klaus Trabitsch: Gitarre

    Ein vielschichtiges Leben, ein großartiges Konzert, eine wunderbare Aufnahme „Mehr denn je“ lautet nicht nur ein bekannter Liedtitel, sondern auch ein Lebensmotto von Erika Pluhar. Dass die erfolgreiche Sängerin, Schriftstellerin und Schauspielerin mehr denn je präsent ist, zeigt diese Konzertaufnahme. Zusammen mit dem vielseitigen Musiker Klaus Trabitsch trat sie in Wien im Theater am Spittelberg auf, bei dem sie einen Querschnitt ihres bisherigen musikalischen Schaffens auf die Bühne brachte. Lieder voller Übermut, Lieder voller Schmerz, Lieder voller Kampfgeist. Erika Pluhar hat sich immer wieder neu erfunden. Sehr früh begann sie, ihre Liedtexte selbst zu verfassen. Und so finden wir seit den frühen Siebzigerjahren eine Spur, die sich wie ein Spiegel ihrer Biographie niederschlägt: poetisch, heiter und besinnlich. Doch diese Lieder lassen sich in keiner Weise etikettieren und bleiben vor allem eines: authentisch und außergewöhnlich.

    Coverabbildung von 'Im Schatten der Zeit'

    Erika Pluhar - Im Schatten der Zeit

    „Anna kam am 3. Dezember 1909 in Wien zur Welt und war die zweitälteste der vier Töchter des Glasmalermeisters Franz Goetzer.“ Lakonisch beginnt der neue Roman von Erika Pluhar. Er erzählt die Geschichte einer hochbegabten Frau, die zwischen den Weltkriegen an der Wiener Kunstakademie studiert und von einem selbstbestimmten Leben träumt. Doch Annas Auswanderung nach Brasilien, ihre Ehe und vor allem der aufkeimende Nationalsozialismus verhindern für lange Zeit diesen Traum. Einfühlsam beschreibt Pluhar die Hoffnungen, Sehnsüchte und Ängste der jungen Anna, die im Jahrhundert politischer Extreme aufwächst. Österreich, Brasilien, Deutschland und Polen sind die Stationen ihres Lebens, das einen unerwarteten Verlauf nimmt.

    Coverabbildung von 'Die öffentliche Frau'

    Erika Pluhar - Die öffentliche Frau

    Eine Rückschau

    Ein Journalist bittet die prominente Künstlerin, ihm ihre Lebensgeschichte zu erzählen, da er eine Serie in seiner Zeitung publizieren will. Zuerst noch misstrauisch, fasst sie jedoch bei seinen täglichen Besuchen langsam Vertrauen und beginnt zu erzählen: von ihren zwei Ehen, von ihren Theatererfahrungen, von ihrem Weg zur Schriftstellerin und von den Menschen, die ihr Leben maßgeblich prägten. Über die Höhen und Tiefen eines Lebens in der Öffentlichkeit. Erika Pluhar hat mit „Die öffentliche Frau“ eine andere Art der Autobiografie geschrieben: zwischen Fiktion und Realität. Persönlich, berührend und fesselnd.

    Coverabbildung von 'Gegenüber'

    Erika Pluhar - Gegenüber

    Henriette Lauber blickt auf ein kreatives und arbeitsreiches Leben zurück. Als Cutterin von Kinofilmen tauchte sie in spannende Welten ein und konnte an der Seite eines geliebten Mannes tätig sein. Doch dies ist lange her und sie lebt nun kontaktscheu und weitgehend isoliert in einer kleinen Innenstadtwohnung. Ihrem Patensohn aus der Westsahara gilt all ihre Liebe und Sehnsucht. Nach einem Schwächeanfall macht sie die Bekanntschaft ihrer jungen Nachbarin Linda, die sich um Henriette zu kümmern und ihre Nähe zu suchen beginnt...

    Coverabbildung von 'Gegenüber'

    Erika Pluhar - Gegenüber

    Henriette Lauber blickt auf ein kreatives und arbeitsreiches Leben zurück. Als Cutterin von Kinofilmen tauchte sie in spannende Welten ein und konnte an der Seite eines geliebten Mannes tätig sein. Doch dies ist lange her und sie lebt nun kontaktscheu und weitgehend isoliert in einer kleinen Innenstadtwohnung. Ihrem Patensohn aus der Westsahara gilt all ihre Liebe und Sehnsucht. Nach einem Schwächeanfall macht sie die Bekanntschaft ihrer jungen Nachbarin Linda, die sich um Henriette zu kümmern und ihre Nähe zu suchen beginnt...

    Coverabbildung von 'Anna'

    Erika Pluhar - Anna

    Eine Kindheit

    Anna ist die Tochter einer Schauspielerin und eines umtriebigen, machtverliebten und genialischen Designers. Beide Eltern stehen im Licht der Öffentlichkeit. Die Familie leidet unter dem exzessiven Lebensstil des Vaters, die Mutter wird vom Schauspielberuf immer intensiver gefordert…

    Coverabbildung von 'Pluhar'

    Erika Pluhar - Pluhar

    3 Bände im Schuber

    In "Gegenüber" erzählt Erika Pluhar auf eine Weise vom Alter, die mit dem Unausweichlichen versöhnt, nicht zuletzt durch Humor. Mit "Die öffentliche Frau" hat Erika Pluhar eine andere Art der Autobiografie verfasst: zwischen Fiktion und Realität. Persönlich, berührend und fesselnd. In "Spätes Tagebuch" schreibt Erika Pluhar auf ebenso sensible wie schonungslose Weise über das Alter, Sehnsüchte und Ängste. Poetisch, lebensnah und intensiv.

    Coverabbildung von 'Die Stimme erheben'

    Erika Pluhar - Die Stimme erheben

    Über Kultur, Politik und Leben

    Erika Pluhar wird immer wieder zu ihrer persönlichen Haltung in politischen Fragen, zu gesellschaftspolitischen Belangen, zu Ehrungen oder Verabschiedungen von Wegbegleitern, die sie liebte, befragt und gibt Antwort. Immer wieder schreibt sie Reden, Essays und Artikel, meldet sich zu Wort, wenn es ihr notwendig erscheint und erhebt ihre Stimme.