Katharina Pressls Debütroman ist eine Aufforderung zum Protest gegen den Alltag: ironisch, absurd und ganz schön gefährlich.
Was tun, wenn das ganz normale Leben zur Zumutung wird? Wenn die Mutter ins Heim muss und das Familienhaus ausgeräumt und neu vermietet werden soll? Wenn alle erwarten, dass sich die Erzählerin endlich einen vernünftigen Job sucht und eine Familie gründet? Gegen die Melancholie des Normalen hilft nur Widerstand. Am besten dort, wo ihn keiner erwartet: Im Altersheim wird ein Streik angezettelt; Jola tritt in ihrem Glitzerkleid auf und schwingt Brandreden; die lokale Clique der „Hauswilderei“ bringt das beschauliche Leben im Ort gründlich durcheinander, aus einem Kidnapping wird zur Freude der Heimbewohner ein Kurzurlaub am Meer. Und dann taucht plötzlich Malina auf, die zu fast allem bereit ist und manchmal zu weit geht.
Immer beschwert sich der ortsansässige Dichter über die Postzustellung. Die Postzustellung ist unzuverlässig, sagt er, die Postzustellung ist die unzuverlässigste. Wenn das geschieht, sagt Blumauer, wenn sich der ortsansässige Dichter über die Postzustellung beschwert, dann geschieht auch folgendes: Ich beschwere mich über mein Moped.
Ein anonymer Erzähler führt Klage beim Postmeister einer kleinen niederbayrischen Landpost über die Schwächen der drei Briefträger: der eine ein Trinker, der zweite ein Frauen-held, der dritte einem kulturellen Laster verfallen. Die Unzufriedenheit des Be-schwerdeführers trifft freilich auch den Fleischhauer, den Tierarzt, die Lehrer und andere – in Summe: die ganze Unzulänglichkeit der Welt.
Wenn ich es wüsste, wüsstest du es. Wenn du es wüsstest, bräuchte ich dir diese Geschichte nicht zu erzählen. Richtig? Richtig. Also?
In den Tag hinein leben, vorhandene Muster meiden, frei sein! Das ist der feste Vorsatz des jungen Paares als es in das Mietshaus zieht. Die übrigen Hausbewohner sind in ihrer eigenen Welt verstrickt und scheinen auf geheimnisvolle Weise ineinander verwoben. Da gibt es die kinderlose Kinderärztin Conny mit ihrer Fernbeziehung, den undurchschaubaren Cellisten Jeff, die alternde, leidenschaftliche Lehrerin Frau Baumgartner und eben Agnes. Zwischen Agnes und der jungen Frau entwickelt sich ein intensives Verhältnis, ein Verhältnis der Anziehung und Abstoßung. Doch plötzlich passiert es: In der Silvesternacht kommt Agnes ums Leben und nichts ist mehr wie es war. Cut.
Die Hausgemeinschaft hat sich aufgelöst und die junge Frau begibt sich auf die Reise. Eine jahrelange Suche nach Leben, Identität und Heimat beginnt.
Monique Schwitters außergewöhnliches literarisches Talent kommt in ihrem ersten Roman zur vollen Blüte. Auf jede Psychologisierung verzichtend, dringt die Autorin umso intensiver in die schräge Welt der Protagonisten ein. Tragisch, komisch und verstörend!